Schritt 2: Entwicklung von Angeboten

Einführung

Der zweite Schritt beim Aufbau eines Transfer-Hubs im ländlichen Raum umfasst die grundsätzliche Ausrichtung der Aktivitäten eines Hubs sowie die Entwicklung von konkreten Hub-Angeboten. Die vorab durchgeführten Bedarfserhebungen und die daraus abgeleiteten Themen bilden hierfür die Basis.

Transfer-Hubs können generell verstanden werden als regionale Multipartnerkooperationen, die Zugang zu neuestem Wissen, Fachkenntnissen und Technologien bieten, um die Entwicklung und Umsetzung von Innovationen zu fördern. Sie fungieren als regionale Anlaufstelle, sind Türöffner und stärken das Innovationsökosystem. Das Angebotsspektrum solcher Transfer-Hubs ist dabei weitreichend, von der Bereitstellung physischer Experimentierräume, über Netzwerkveranstaltungen, bis hin zu konkreten Seminaren oder Workshops. Für neu zu gründende Hubs gilt es daher, die jeweils geeigneten Angebote zu entwickeln und zu implementieren. Hierfür ist es zunächst einmal wichtig, die Zielstellung des Hubs, die adressierte Zielgruppe sowie die intendierte Wirkung in die Region zu reflektieren. Abhängig davon können sich jeweils ganz unterschiedliche Angebote, Formate und Methoden als geeignet erweisen.

Im Folgenden sollen zunächst wissenschaftliche Erkenntnisse zu verschiedenen Rollen bzw. Typen von Transfer-Hubs im ländlichen Raum geteilt werden, die die Gestaltung von Hub-Angeboten leiten können. Im Anschluss daran werden konkrete Hub-Angebote vorgestellt, die im Projekt Innovationsraum.Land entwickelt und getestet wurden.

Unser Vorgehen

Bei der Entwicklung von Angeboten für den im Projekt Innovationsraum.Land neu entstehenden Transfer-Hub handelte es sich um einen Prozess, der sich über die gesamte Projektlaufzeit erstreckte und der in seinem Verlauf stetig reflektiert, angepasst und weiterentwickelt wurde.

Bevor jedoch konkrete Formate entwickelt und getestet wurden, sollte eine wissenschaftlichen Analyse dazu beitragen, das Konzept des Transfer- bzw. Innovation Hubs besser zu verstehen, Rollen bzw. Typen solcher Hubs zu unterscheiden und sie hinsichtlich ihrer Angebote und Wirkungen zu beschreiben.

Wissenschaftliche Analyse von Transfer-Hubs im ländlichen Raum

Zur Vorbereitung einer Interviewstudie mit bestehenden Transfer-Hubs im ländlichen Raum, wurde zunächst eine Good-Practice-Analyse durchgeführt. Es wurden insgesamt 43 Transfer-Hub-Initiativen recherchiert, deren Fokus auf dem Wissens- und Technologietransfer im ländlichen Raum liegt. Die Initiativen wurden anhand ihrer Webseiten voranalysiert und darauf aufbauend zehn Initiativen für die Interviewstudie ausgewählt.

Im Rahmen der Interviewstudie wurden zehn leitfadengestützte Interviews mit ausgewählten Transfer-Hubs im ländlichen Raum geführt. Ziel war es, wissenschaftliche Erkenntnisse über Ziele, Angebote, Netzwerke und Wirkungen von Transfer-Hubs im ländlichen Raum zu gewinnen. Als InterviewpartnerInnen fungierten die projektverantwortlichen Personen (GeschäftsführerInnen, ProjektleiterInnen oder Ähnliches). Die Interviews dauerten durchschnittlich 71 Minuten, wurden aufgezeichnet und anschließend transkribiert. Zur Datenanalyse in Form einer qualitativen Inhaltsanalyse wurde die Software MAXQDA verwendet.

Neben generellen Einblicken in die Zielsetzung, Organisation und Gestaltung von Transfer-Hubs im ländlichen Raum, ermöglichte die Interviewstudie vor allem eine detaillierte Analyse der Aktivitäten und Angebote der Hubs. Dabei konnten vier zentrale Rollen von Hubs identifiziert werden:

Je nach übergeordnetem Ziel, verfolgt ein Hub in der Regel ein oder zwei Hauptrollen, die durch weitere Rollen ergänzt werden, um ein umfassendes Angebot zu schaffen. Aus dieser Erkenntnis heraus wurde ein Analyseschema entwickelt, das dabei hilft, Hubs hinsichtlich ihrer Rollen zu bewerten bzw. die Hauptrolle(n) eines Hubs zu bestimmen. Die Hauptrolle eines Hubs entspricht dabei einem Hub-Typ, der eine jeweils spezifische Wirkung in die Region hinein entfaltet.

Das Analyseschema wurde im Rahmen einer vertiefenden Analyse von 45 Transfer-Hub-Initiativen getestet und daraus schließlich ein Quick-Check-Tool entwickelt, welches von neuen oder bestehenden Hub-Initiativen genutzt werden kann, um die eigenen Rollen zu reflektieren, mit den gesetzten Zielen abzugleichen und ggf. Anpassungen in der Angebotsstruktur vorzunehmen.

Die LANDFABRIK®als Transfer-Hub versteht sich vor allem als Vernetzer, als regionaler Knotenpunkt, der Akteure zusammenbringt und so Innovationen anstößt. Daneben runden weitere Aktivitäten das Gesamtangebot der LANDFABRIK® ab:

  • Mit Blick auf die Zielgruppe KMU nimmt die LANDFABRIK® auch die Rolle des Wissensvermittlers und des Unterstützers ein (siehe technologieorientierter Pfad im Projekt).
  • Mit Blick auf die Region als Ganzes fungiert die LANDFABRIK® zudem als physischer Experimentierraum und Unterstützer (siehe missionsorientierter Pfad im Projekt).

Konkrete Angebote, die mit diesen Rollen verbunden sind und die im Rahmen des Projekts Innovationsraum.Land entwickelt wurden, sollen im Folgenden näher vorgestellt werden.

Entwicklung von Angeboten und
Formaten in der LANDFABRIK®

Ausgangspunkt für die Entwicklung konkreter Angebote der LANDFABRIK® waren die Bedarfserhebungen in KMU und der Region als Ganzes (Schritt 1 des Leitfadens). Die jeweiligen Ergebnisse bestimmten die weitere Ausrichtung und die zu entwickelnden Angebote des Hubs. So wurden zum einen Angebote für die Zielgruppe KMU entwickelt, die die identifizierten technologischen Kernthemen adressieren. Zum anderen wurden Angebote entwickelt, die die Bedarfe der Region im Themenfeld »Leben & Arbeiten« adressieren und vor allem einen Beitrag leisten zum Thema »Nachwuchsförderung«.

Innovationsraum.Land MindSnacks –
Wissensvermittlung und Matching

Das Format Innovationsraum.Land MindSnacks wurde entwickelt, um regionale KMUs über neueste technologische Entwicklungen und deren konkrete Anwendungsmöglichkeiten zu informieren und Kontakte zwischen KMU und Technologie-ExpertInnen herzustellen. Um den knappen zeitlichen Ressourcen der Zielgruppe Rechnung zu tragen, wurde das Format als kurzes und virtuelles Format geplant. Ein MindSnack dauerte jeweils 30 Minuten mit 15 Minuten ExpertInnen-Vortrag und 15 Minuten Diskussion. Basis für den Inhalt der Veranstaltungen waren die drei erarbeiteten Kernthemen für die Region (digitale Produktion, ökologische Baustoffe & Kreislaufwirtschaft und digitales Planen & Bauen). Insgesamt wurden vier MindSnacks durchgeführt:

Anschließend unterstützte das Projektteam kooperationsinteressierte KMU bei der Initiierung einer Technologiekooperation. Im Ergebnis konnten mehrere KMU mit geeigneten Technologie-ExpertInnen zusammengebracht und gemeinsame Projekte angestoßen werden.

Fabrik für Zukünfte –
Interaktions- und Partizipationsraum

Die Idee zur Fabrik für Zukünfte entstand aus der Bedarfserhebung Region (siehe Schritt 1 im Leitfaden). Die durchgeführte Interviewstudie zeigte, dass eine der größten Herausforderungen dieses ländlichen Raums darin besteht, junge Menschen in der Region zu halten. Junge Menschen ziehen für ihre Aus- und Weiterbildung häufig in die Städte und die KMU in der Region leiden unter Fachkräftemangel. Daher waren neue Ansätze und Maßnahmen gefragt, um junge Menschen in die Entwicklung der Region einzubeziehen, neue bedarfsorientierte Lösungen zu entwickeln und so die Attraktivität der Region für junge Menschen zu erhöhen. Die Fabrik für Zukünfte sollte hierzu einen Beitrag leisten.

Es handelt sich dabei um einen Interaktions- und Partizipationsraum innerhalb einer großen Fabrikhalle, der eine Infrastruktur für ko-kreatives Arbeiten bereitstellt. Dies beinhaltet verschiedene physische Elemente zur Förderung von Kommunikation, Interaktion und Experimenten, vor allem mobile und flexibel einsetzbare Arbeitsstationen. Weitere Elemente sind flexible Regalsysteme und Interaktionswände, die dazu dienen, Projektergebnisse sichtbar zu machen und mit verschiedenen Innovationsakteuren ins Gespräch zu kommen.

Die Fabrik für Zukünfte wurde im Sommer 2022 errichtet und bietet seitdem als physischer Transferort einen Raum für verschiedene – aufeinander aufbauende – Transferformate. Diese sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden.

Zukunftsworkshops für
SchülerInnen

Ko-kreative Zukunftsworkshops wurden konzipiert und durchgeführt, um die Bedarfe junger Menschen aus der Region sichtbar zu machen und Ideen für das zukünftige Leben, Wohnen und Arbeiten auf dem Land zu entwickeln. Insgesamt wurden im September 2022 drei ganztägige Zukunftsworkshops durchgeführt. Als Teilnehmende konnten 62 SchülerInnen aus zwei regionalen Schulen – einer Gesamtschule und eines Berufskollegs – gewonnen werden. Die SchülerInnen waren zwischen 15 und 21 Jahre alt und nahmen im Rahmen eines Projekttages an einem der Workshops teil.

Im Rahmen der Workshops wurde zunächst über die Herausforderungen in der Region und mögliche Lösungsansätze diskutiert. Anschließend kamen designbasierte Methoden zum Einsatz, um konkrete Ideen für die Zukunft zu entwickeln (Pocket Prototyping). Hierfür wurden den SchülerInnen verschiedene Materialien zu Verfügung gestellt, mit denen sie in Kleingruppen ihre Vision bzw. ihren Prototyp für die Zukunft bauen konnten

Im Ergebnis entstanden 25 Modelle für das zukünftige Leben, Wohnen und Arbeiten in der Region.

Ausstellung »Leben, Wohnen, Arbeiten auf dem Land«

Die Zukunftsworkshops und die entstandenen Modelle wurden anschließend wissenschaftlich ausgewertet und die Ergebnisse in vier themenspezifische Zukunftsbilder für die Region überführt (»Freizeit und öffentliche Räume«, »Wohnen und Alltag«, »Berufliche Perspektiven und neue Arbeitsorte« und »Mobilität«). Diese Zukunftsbilder wurden in Form von 3D-Modellen aufbereitet und im Rahmen der Ausstellung »Leben, Wohnen, Arbeiten auf dem Land« der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Mehr als 70 geladene Gäste und mehr als 200 interessierte BürgerInnen konnten sich im Mai 2023 an drei Ausstellungstagen über die Visionen der jungen Menschen informieren und diese diskutieren.

  • 11.05.2023, 16-19 Uhr:
    Auftaktveranstaltung und Eröffnungsfeier mit relevanten Stakeholdern der Region in der LANDFABRIK® (42 geladene Gäste aus der Region)
  • 12.05.2023 10-14 Uhr:
    Open House Schulklassen (35 SchülerInnen der Gesamtschule Windeck)
  • 13.05.2023 10-17 Uhr:
    Open House breite Öffentlichkeit (>200 BürgerInnen aus der Region)

Im Ergebnis konnte so Feedback von verschiedensten Akteuren eingeholt und im weiteren Prozess berücksichtigt werden. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen, welche im Rahmen einer Projektwerkstatt und nachfolgender Runder Tische weiter vertieft werden sollten.

Projektwerkstatt & Runder Tisch

Ziel der Projektwerkstatt war es, die Visionen und Ideen der jungen Menschen aufzugreifen und Ansatzpunkte sowie Bedingungen für eine mögliche Umsetzung zu identifizieren. Hierzu wurden im Juni 2023 zunächst für jedes der vier Themenfelder Innovationsakteure aus der Region zur Projektwerkstatt eingeladen und in der Fabrik für Zukünfte zusammengebracht. Für jedes Themenfeld wurden die Ausgangsituation diskutiert, generelle Ziele abgeleitet und anschließend konkrete Projektideen erarbeitet. Über die Definition von Maßnahmen und Akteuren, die diese vorantreiben, wurde die Basis für eine Fortführung der Ideen und nachhaltige Implementierung geschaffen.

Ein monatlicher Runder Tisch, der im Anschluss an die Projektwerkstatt ins Leben gerufen wurde, sollte dazu beitragen, dass die Akteure kontinuierlich im Austausch bleiben und ihre Ideen stetig weiterentwickeln.

Im Ergebnis konnten diverse vielversprechende Ideen zur (Weiter-)Entwicklung der Region um Windeck identifiziert und vorangetrieben werden. Unsere Erkenntnisse im Rahmen des Prozesses wurden zudem in das Find your Project-Tool überführt, das auch anderen Regionen dabei helfen kann, innovative Projektideen zu entwickeln und so die eigene Attraktivität (vor allem für junge Menschen) zu erhöhen.

Learnings & Handlungsempfehlungen

Wichtig für Transfer bzw. Innovation Hubs ist es, sich zunächst einmal seiner Rolle(n) und seiner intendierten Wirkung in die Region bewusst zu werden. Hierbei kann der entwickelte Quick-Check Innovation Hubs unterstützen. Darauf aufbauend lassen sich Programm und Angebot des Hubs zielgerichtet entwickeln.

Unsere Interviews haben gezeigt, dass es für Transfer-Hubs besonders wichtig ist, ihr Angebot klar auf die Zielgruppe auszurichten und sich ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit an (sich ändernde) regionale Bedürfnisse zu bewahren. Nicht immer ist die Zielgruppe gut zu erreichen und offen für die gemachten Angebote. In unserem Falle zeigte sich zum Beispiel, dass vor allem kleine und Kleinstunternehmen im ländlichen Raum nur schwer für Formate zu gewinnen sind, obwohl der Unterstützungsbedarf und das Interesse an neuen Entwicklungen oftmals groß sind. In diesem Falle bietet es sich an, mit sehr niedrigschwelligen und kurzen Formaten zunächst einen Einstieg zu ermöglichen.

Daneben ist es wichtig, in der Region als Anlaufstelle bekannt zu werden. Vor allem Öffentlichkeitsarbeit und Werbung für die entwickelten Formate sind wichtig, um sich in der Region zu etablieren und das Vertrauen der Zielgruppe zu gewinnen.

Tools

Quick-Check Innovation Hubs

Der Quick-Check Innovation Hubs bietet ein Analyse-Schema, mit dem Hub-Initiativen ihre eigenen Rollen reflektieren und ihre Hauptrolle(n) identifizieren können. Dies bildet die Basis für einen Abgleich mit gesetzten Zielen und gegebenenfalls nötigen Anpassungen in der Angebotsstruktur.

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Tools

Find Your Project

Das Find your Project Tool dient der Entwicklung innovativer Projektideen im ländlichen Raum. Es leistet einen Beitrag zur Weiterentwicklung ländlicher Regionen, indem konkrete Projektideen erarbeitet und erste Maßnahmen zu deren Umsetzung abgeleitet werden.

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